Seitenblick - Der Newsletter von Odysseus Kinesiologie & Coaching

Burnout, Apotheken und Bäume

Meine Themen heute für Sie: Feiern Sie Ihren Burnout, denn er führt Sie zu sich | Vorsicht vor der Kinesiologie, sie ist gefährlich! | Heilsame Schönheit: Bäume tun uns gut | Kluge Worte zu Literatur und Wirklichkeit | Warum Bäume Lehrmeister sind | Viel Vergnügen beim Lesen!

Dieser Newsletter ist zu 100 Prozent frei von KI. Was Sie hier lesen, ist auf meinem Mist gewachsen. Und bekanntlich wachsen auf dem Mist die schönsten Rosen.

Eine Bitte: Wenn Sie jemanden kennen, den das, was ich hier erzähle, interessiert, leiten Sie ihm diesen Newsletter weiter. Dankeschön!

Wolfgang Halder, Odysseus Kinesiologie & Coaching

Endlich Burnout!

„Ihnen verdanke ich meinen Burnout, sagte mir kürzlich eine Klientin und lächelte mich verschmitzt an. Ihre Augen leuchteten. Denn sie lebte. Mehr als je zuvor.

Das war rund ein Jahr, nachdem Frau N. zum ersten Mal in meiner Praxis war. Es war ein Schmetterlings-Jahr für sie, also ein Jahr der Verwandlung und des Wachstums. Als Raupe kam die Klientin, dann verflüssigte sie sich im Puppen-Stadium, alles in ihr kam in Bewegung – und schließlich entstand sie neu als Schmetterling.

Nun ist sie dabei, ihre Flügel zu entfalten und macht die ersten Versuche zu fliegen. Bei jeder Sitzung mit ihr werde ich durchflutet von Dankbarkeit, das miterleben und Zeuge dieser Schönheit der Selbstwerdung sein zu dürfen.

Vorher funktionierte Frau N. nur. Viele, viele Jahre. Drehte als Führungskraft in der Medienbranche ein großes Rad. 150 Prozent organisiert, effizient und effektiv. Sie pfiff – und die Leute folgten. Als Virtuosin der Leistung wirbelte sie tagtäglich durch die Firma, in der sie arbeitete und erledigte zudem en passant zahlreiche Aufgaben weit über ihr Aufgabengebiet hinaus.

So jonglierte sie durch ihr Berufsleben. Privatleben war nur ein Wort, keine Wirklichkeit. Nach und nach bildete sie eine Reihe von Symptomen aus: Haut, Schlaf, Verdauung. Die Mediziner hielten dafür Pillen und Kapseln bereit, die gar nicht oder nur kurz Linderung brachten – wie auch?!

Die Not wurde größer, die Symptome schlimmer. Frau N. reagierte nach dem bewährten Muster: noch mehr vom selben Falschen. Noch effizienter, noch organisierter, noch disziplinierter. Nur nicht aufhören zu funktionieren. Und vor allem: Sie erlaubte sich nicht, zusammenzubrechen, das ging gar nicht – obwohl alles in ihr danach schrie.

In diesem Zustand lernte ich sie kennen. Wiewohl sie nicht deshalb bei mir war. Doch unser System – die Einheit von Leib, Seele und Geist – ist klug, und das ihre holte sich schnell, was sie brauchte, auch wenn sie nicht wußte, daß sie es brauchte.

Schon mit der ersten Sitzung kam ihr Leben ins Rutschen. Im positiven Sinne. Auch wenn ihr das zunächst nicht geheuer war. Der Weg vom Falschen ins Richtige kann sich zunächst falsch anfühlen, weil das Falsche so viele Jahre das Leben geprägt hat.

Kurzum: Frau N. war schon im Fallen begriffen, als sie zu mir kam, und sie hoffte, von mir gehalten zu werden, wiewohl eine tiefere Ebene in ihr spürte, daß sie fallen mußte, und daß nur im Fallen Rettung war.

Und damit sind wir bei meinem Lieblings-Philosophen Friedrich Nietzsche, der seinen Zarathustra sagen läßt: Was fällt, das soll man auch noch stoßen!

Das wirkt zunächst sehr befremdlich, denn unser erster Impuls ist es, zu halten und zu fangen, wenn etwas fällt. Das weiß Zarathustra auch, deshalb lautet das ganze Zitat: „Oh meine Brüder, bin ich denn grausam? Aber ich sage: was fällt, das soll man auch noch stoßen! Kennt ihr die Wollust, die Steine in steile Tiefen rollt? Und wen ihr nicht fliegen lehrt, den lehrt mir – schnellerfallen!“

Das hat Frau N. gelernt: schnellerfallen!

Sie tat es zunächst im Wortsinne: Sie fiel bei der Arbeit einfach um. Zusammenbruch! Notarzt. Krankenhaus. Krankschreibung.

Zu Beginn hat sie auch im Fallen noch versucht zu steuern, zu planen und zu organisieren. Wollte ihren neuen Zustand, den Beginn ihres persönliches Wachstums, mit dem brachialen Effizienz-Denken angehen, der sie in eben jenen Zustand gebracht hatte, in dem alles nach Veränderung schreit: der Ausschlag, die Schlaflosigkeit, die blockierte Verdauung – oder bei anderen in ihrer Lage: der Alkohol-Konsum, die Sexsucht, der Social-Media-Irrsinn oder die Smartphone-Verwahrlosung.

Doch Veränderung braucht Zeit. Veränderung braucht Geduld. Veränderung braucht Mut. Und sie braucht Erkenntnis, und zwar gelebte Erkenntnis, also Erkenntnis, die vom Kopf ins Herz sinkt. Das ist bei jedem etwas anderes.

Bei Frau N. war es der römische Brunnen. Mit dem Bild des römischen Brunnens versuche ich, meinen Klienten einen gesunden und lustvollen Egoismus nahezubringen. Jenseits des üblichen kleinkarierten Moralismus des „Du bist nichts, das Wohl der anderen ist alles“. Diese tumbe Opfer-dich-auf-Ideologie zerstört so viele Leben!

Das beste Bild für gesunden Egoismus ist ein römischer Brunnen mit seinen drei Wasserschalen. Ein besonders schönes Exemplar steht im Kloster Maulbronn, in dem Hermann Hesse „Narziß und Goldmund“ beginnen läßt.

Die kleine Schale oben, das sind Sie selbst. Die mittlere Schale steht für Familie, Freunde, gute Bekannte, das nähere Umfeld. Die große untere Schale symbolisiert den Rest der Welt

Schauen Sie sich so einen Brunnen an und überlegen Sie sich, was nötig ist, damit die mittlere und die untere Schale gut gefüllt sind.

Sie wollen anderen Gutes tun? Das geht nur, wenn Sie selbst in der Fülle sind und überfließen. Wer anderen helfen oder gar die Welt retten will, sollte sich zuerst um sich kümmern. Sonst hat er weder die Energie noch die Kreativität noch die Gesundheit für andere.

Menschen, denen die Haltung Ich bin nicht wichtig, anderen soll es gut gehen“ andressiert wurde, neigen dazu, noch das letzte Tröpfchen aus ihrer oberen Schale nach unten zu träufeln. Und können dann niemandem helfen – auch nicht sich selbst.

„Der römische Brunnen ist mein tägliches visuelles Mantra, schrieb Frau N. mir kürzlich. Nach dem Zusammenbruch hat sie ihr Büro nicht wieder betreten. Sie hat ihr Leben in nahezu jeder Hinsicht auf neue Füße gestellt. Es ist eine Geburt. Sie bringt sich selbst neu auf die Welt. Sie ist nun zum ersten Mal ganz da. In der Welt. Im Leben.

Kinesiologie ist gefährlich

Kürzlich hatte ich auf Linkedin einen kleinen Disput über Ärzte und Apotheken. Ich schrieb meine Sicht zu diesen beiden Säulen unseres sogenannten Gesundheits-Systems

Ein Mensch kommt mit einem Symptom zum Arzt und wird dort zum Patienten, also zu einem Erleidenden. Der Arzt verschreibt ihm zur Symptomlinderung ein Medikament. Die Apotheke gibt dem Patienten das Medikament. 

Die Ursache der Beschwerden bleibt bestehen, wirkt unvermindert weiter und produziert im Hintergrund neuen Schaden. Tritt der zu Tage, geht’s wieder zum Arzt. Das Spielchen der kurzfristigen Symptombetäubung, von dem Ärzte und Apotheker leben, beginnt wieder von vorne.“

Ich habe zudem auf meine Arzt-Geschichten verlinkt, soviel Werbung in eigener Sache muß sein.

Mein Kommentar erboste einen Mit-Diskutanten. Als er merkte, daß seine Argumente bei mir nicht zogen, las er mein Profil (das zeigt einem Linkedin ja an) und schickte mir ohne weiteren Kommentar einen Link zu einem Artikel in der Zeitschrift „Medical Tribune“ über Kinesiologie. Damit glaubte er, der vor dem Kontakt mit mir noch nie von Kinesiologie gehört hatte, den Super-Trumpf gegen mich zu haben. Medizinische Fachzeitschrift! Dagegen verblassen sogar die Gesetzestafeln, die Moses vom Berg Sinai herabschleppte.

Allein, das Artikelchen einer Frau Dr. Braunwarth in der„Medical Tribune“ vom Juni 2021 ist äußerst dünn gestrickt und serviert in fünf knappen Absätzen ein vernichtendes Urteil über Kinesiologie. Und das aus dritter Hand! Frau Dr. referiert ein Kapitel eines Buches über „Alternativmedizin“, das sich auf eine Studie von 2008 stützt, die ihrerseits nur eine Übersichtsarbeit ist. Also keinerlei Kontakt mit der Sache, um die es geht. 

Das harsche Fazit der Studie: Kinesiologie führe „sehr wahrscheinlich zu falsch-positiven oder falsch-negativen Diagnosen“. Das könne im „schlimmsten Fall tödlich enden. Das klingt dramatisch, hat allerdings mit Kinesiologie nichts zu tun, denn Kinesiologen stellen keine Diagnosen.

Diagnosen sind Fest-Stellungen. Der Patient bekommt die Krankheit „X“ diagnostiziert und identifiziert sich schlimmstenfalls mit seiner Diagnose: „Ich bin X“. Die Krankheit wird Teil seines Selbst.

Und wenn etwas Teil von uns ist, trennen wir uns nur ungern davon. Wir hängen dann an unserer Krankheit. Wir sind die Krankheit. Wir sehen uns selbst in den Kategorien der Krankenhaus-Logik – „Die Gastritis in Zimmer 9“.  Das erschwert das Gesundwerden.

Diagnosen dienen vornehmlich dem Medizinbetrieb. Hat man eine, wissen Ärzte und Verwaltung, welche Abteilung zuständig ist, wer was wie abrechnen kann und wo die Akte abgelegt werden muß. Und man ist versicherungsrechtlich auf der sicheren Seite – das ist besonders wichtig.

Wie sehr uns eine Diagnose blockieren kann, lesen Sie in meiner Fallgeschichte über einen Mann, der sich viele Jahrzehnte lang mit seiner Diagnose identifizierte - und deshalb behindert war.

In der Kinesiologie geht es nicht um Diagnosen und Feststellungen, sondern, wie das „Kinesis“ im Namen schon sagt, um Bewegung. Den Fluß der Lebensenergie im Menschen. Kommt der in Gang, ist Heilung möglich. Damit folgt die Kinesiologie dem uralten medizinischen Grundsatz: „Medicus curat, natura sanat“ – Der Arzt/Therapeut behandelt, die Natur heilt. Es ist immer die Natur, die heilt. Frühere Ärzte-Generationen wußten das noch, von den heutigen glauben viele, sie, die Ärzte, seien es, die heilen.

Zurück zum Disput auf Linkedin: Seit mir der Leiter der Kinesiologie-Schule, auf der ich mein Handwerk gelernt hatte, vor rund 15 Jahren erzählt hat, wie fruchtlos und nervenaufreibend sein jahrelanger Kampf mit den Wikipedia-Editioren über den fragwürdigen Eintrag „Kinesiologie“ war, befasse ich mich nicht mehr mit diesem Aspekt meiner Arbeit. 

Denn das ist, wie mit jungfräulichen Teenagern über Sex zu reden: Die haben im Internet ein paar Porno-Videos gesehen und glauben nun, sie wüßten, worum es geht, können Links dazu posten und sich wichtig fühlen. So wie mein Diskutant auf Linkedin.

Ich weiß, worum es geht und was geht. Damit arbeite ich. Und ich staune, was obendrein noch geht. Auch damit arbeite ich dann. Und lerne ständig dazu. In fast jeder Sitzung. Weshalb also sollte ich von Blinden die Farben meiner Palette beurteilen lassen?

Heilsame Schönheit: Bäume

„Ich verstehe nicht, wie man an einem Baum vorübergehen kann und nicht beglückt sein, daß man ihn sieht?“, sagte Dostojewski. So geht’s mir auch. Deshalb zeige ich Ihnen hier besonders beglückende Bäume, an denen ich vorübergegangen bin. 

Bergahorn

Dieser Ahornbaum schwelgt im ersten Grün. Ein erfrischender Kontrast zum dunklen Blau des Brünnsteins mit den letzten Schneefleckerln in seiner Nordwand. Schönheit braucht Kontrast. Leben braucht Kontrast. Grün ist die Farbe des Wachstums.
Beim Berggasthof Bichlersee, bayerisches Inntal

Gedanken-Pfeil

„Ich helfe dem Leser. Wenn ich seine Aufmerksamkeit bekomme und wenn etwas in ihm an die Oberfläche sprudelt und ich ihm dabei helfe, daß es hochsprudelt, so daß er besser durch den nächsten Tag kommt. Ich will die Menschen glücklich machen. Deshalb ist die Fantasie so wundervoll. Zuviel Wirklichkeit ist deprimierend. Sie ruft eine schreckliche Lähmung in uns hervor.“

Der Schriftsteller Ray Bradbury (1920-2012) auf die Frage „Warum schreiben Sie?“

Lesefrucht: Hören wir den Bäumen zu

Meine Liebe zu Bäumen sehen Sie im Baumfoto in jeder Ausgabe meines Newsletters. Ich stricke dazu immer ein paar Worte und Sätze, mit denen ich versuche, das einzufangen und Ihnen zu vermitteln, was ein Baum mit mir macht

Was ein wahrer Meister der Worte, mein Lieblingsdichter Hermann Hesse, zu Bäumen sagt, serviere ich Ihnen heute. Baden Sie in diesen Zeilen. Atmen Sie die Worte ein. Saugen Sie die Gedanken auf. Dann gelangt die Botschaft dorthin, wo sie hingehört: in Ihr Herz.

Bühne frei für Hermann Hesse und Über Bäume (1919):

„Bäume sind für mich immer die eindringlichsten Prediger gewesen.
Ich verehre sie, wenn sie in Völkern und Familien leben, in Wäldern und Hainen.
Und noch mehr verehre ich sie, wenn sie einzeln stehen. Sie sind wie Einsame.
Nicht wie Einsiedler, welche aus irgendeiner Schwäche sich davongestohlen haben, sondern wie große, vereinsamte Menschen, wie Beethoven und Nietzsche.

In ihren Wipfeln rauscht die Welt, ihre Wurzeln ruhen im Unendlichen;
allein sie verlieren sich nicht darin, sondern erstreben mit aller Kraft ihres Lebens nur das Eine: ihr eigenes, in ihnen wohnendes Gesetz zu erfüllen,
ihre eigene Gestalt auszubauen, sich selbst darzustellen.
Nichts ist heiliger, nichts ist vorbildlicher als ein schöner, starker Baum ...

Ein Baum spricht: In mir ist ein Kern, ein Funke, ein Gedanke verborgen, 
ich bin Leben vom ewigen Leben. Einmalig ist der Versuch und Wurf,
den die ewige Mutter mit mir gewagt hat, einmalig ist meine Gestalt
und das Geäder meiner Haut, einmalig das kleinste Blätterspiel meines Wipfels
und die kleinste Narbe meiner Rinde. Mein Amt ist es, im ausgeprägten Einmaligen das Ewige zu gestalten und zu zeigen.

Ein Baum spricht: Meine Kraft ist das Vertrauen. Ich weiß nichts von meinen Vätern, ich weiß nichts von den tausend Kindern, die in jedem Jahr aus mir entstehen.
Ich lebe das Geheimnis meines Samens zu Ende, nichts andres ist meine Sorge.
Ich vertraue, daß Gott in mir ist. Ich vertraue, daß meine Aufgabe heilig ist.
Aus diesem Vertrauen lebe ich.

Wenn wir traurig sind und das Leben nicht mehr gut ertragen können,
dann kann ein Baum zu uns sprechen: Sei still! Sei still! Sieh mich an!
Leben ist nicht leicht, Leben ist nicht schwer. Das sind Kindergedanken.
Laß Gott in dir reden, so schweigen sie.

Du bangst, weil dich dein Weg von der Mutter und Heimat wegführt.
Aber jeder Schritt und Tag führt dich neu der Mutter entgegen.
Heimat ist nicht da oder dort. Heimat ist in dir innen, oder nirgends.

Wandersehnsucht reißt mir am Herzen, wenn ich Bäume höre, die abends im Wind rauschen. Hört man still und lange zu, so zeigt auch die Wandersehnsucht ihren Kern und Sinn. Sie ist nicht Fortlaufenwollen vor dem Leide, wie es schien.

Sie ist Sehnsucht nach Heimat, nach Gedächtnis der Mutter, nach neuen Gleichnissen des Lebens. Sie führt nach Hause. Jeder Weg führt nach Hause,
jeder Schritt ist Geburt, jeder Schritt ist Tod, jedes Grab ist Mutter ...

Wer gelernt hat, Bäumen zuzuhören, begehrt nicht mehr, ein Baum zu sein. Er begehrt nichts zu sein, als was er ist. Das ist Heimat. Das ist Glück.“

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