Seitenblick - Der Newsletter von Odysseus Kinesiologie & Coaching

Das Wesen der Krankheit und verhängnisvoller Perfektionismus

Meine Themen heute für Sie: Sind Sie krank? Oder haben Sie ein Krankheit? Oder sind beide Redeweisen Unsinn? | Fallgeschichten zum Staunen | Was steckt hinter dem Wunsch, perfekt zu sein? Und was richten wir damit an? Viel Vergnügen beim Lesen. 

In eigener Sache: Das ist der letzte Newsletter in diesem Jahr. Die nächste Ausgabe wäre am 24. Doch an Heiligabend will ich Sie nicht behelligen. An Silvester auch nicht. Deshalb lesen wir uns wieder am 7. Januar 2024. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit und beglückende Feiertage. Kommen Sie gut ins Neue Jahr.

Wolfgang Halder, Odysseus Kinesiologie & Coaching

Haben oder Sein?

Wie ist das, wenn uns etwas plagt? Haben wir Grippe, Rückenschmerzen oder eine Depression? Ist das, was wir da haben, eine Sache, ein Gegenstand – wie ein Buch oder ein Schal? Das Buch können wir mitnehmen oder zu Hause liegen lassen, wenn wir unterwegs sind. Die Rückenschmerzen nicht. Die sind immer dabei.

Das andere Extrem lautet: „Ich bin Asthmatiker, ich bin schwermütig, ich bin Allergiker“. Da identifizieren wir uns mit einer Diagnose, sind deckungsgleich mit der Krankheit, der Störung, dem Defizit.

Beide Wahrnehmungsweisen führen uns in die Irre. Wir können eine Krankheit nicht ablegen wie einen Schal – und wir sind nicht identisch mit einer Krankheit. Beide Sichtweisen blockieren unsere Heilung

Die Objekt-Haltung „Ich habe etwas“ führt dazu, daß wir unsere Gesundheit auslagern und an Experten übergeben; die kümmern sich drum, die richten das. So werden wir selbst zum Objekt, mit dem andere etwas machen. Wir selbst sind ohnmächtig.

Die Identifikations-Haltung „Ich bin dies oder das“ führt dazu, daß wir keine Distanz zur Krankheit oder Störung haben. Wir sind sie – bis in die letzte Pore. Folglich hängen wir an ihr, wollen sie nicht hergeben, weil sie uns ausmacht. Die Krankheit wird identitätsstiftend.

Und es gibt meist nie die eine Ursache, die man im MRT, im Blutbild oder auf einer Röntgenaufnahme sieht. Die Gesamtheit unserer Lebensumstände wirkt zusammen: Familie, Ahnenreihe, soziales, kulturelles und berufliches Umfeld, Ernährung, Liebesleben, finanzielle Lage etc.

Es ist wie bei einer Lawine: Die Schneedecke wächst langsam, Flocke für Flocke. Die letzte Schneeflocke, die die Lawine dann auslöst, ist aber nicht mehr Ursache für das Abrutschen als die vielen anderen zuvor.

Also weder Haben noch Sein? Was dann? Störungen der Gesundheit aller Art sind ein Geschehen, ein Prozeß, ein Kontinuum. Etwas geschieht in und mit uns – und es baut sich über einen langen Zeitraum auf. Wir haben es nicht, wir sind es nicht. Dieses Geschehen ist eine zeitlang auf eine seltsame Weise ein Teil von uns.

Aber eben nur ein Teil von vielen. Über die anderen Teile können wir frei verfügen, wir können sie aktivieren und steuern und sind somit weder den Experten ausgeliefert, noch sind wir mit der Krankheit eines. Wir haben Luft zum Atmen, Raum zum Denken, Beweglichkeit zum Fühlen.

Da ereignet sich Heilung. Ich wiederhole das entscheidende Wort: ereignet. Wir machen Heilung nicht – kein Mensch kann das. Was wir können, und was wir oft tun: Heilung blockieren und verhindern, z.B. dadurch, daß wir in den Kategorien Haben oder Sein denken und handeln.

Der Schatten, den eine Wolke auf eine Wiese wirft, ist nicht die Wiese. Sie hat diesen Schatten auch nicht. Der Schatten zieht über die Wiese hinweg, verdunkelt sie für eine gewisse Zeit, doch er ändert nichts am Wesen der Wiese.

Fallgeschichten: wahr, ergreifend, erstaunlich

Weihnachten ist Geschichtenzeit. Deshalb serviere ich Ihnen hier Fallgeschichten aus meiner Praxis. Echte Schicksale. Echte Durchbrüche. Echte Lebensverbesserungen.

Kindergeburtstag
Diese Woche hatte ich die große Freude, beim ersten Geburtstag eines „Praxiskindes“ dabeisein zu dürfen. Das aufgeweckte Kerlchen mit den großen tiefen Augen hatte am Wochenende zuvor seinen ersten Schneemann gebaut und feierte nun sein erstes Jahr.
Sechs Jahre lang hatte Daniela B. versucht, schwanger zu werden. Wie ihr großer Wunsch in Erfüllung ging, lesen Sie in der neunteiligen Fallgeschichte Eine Reise zum Kind.

Ein Satz blockiert ein Bein
Ein junger Mann kann nach einem Autounfall sein rechtes Bein nicht mehr abbiegen. Er lebt Jahrzehnte mit dieser Einschränkung. Dabei ist mit den Muskeln, Sehnen und Nerven alles in Ordnung. Es war nur ein Satz des Arztes, der das Bein blockierte. Hier ist die ganze Geschichte.

Jeden Tag ein Stück Freiheit
Manchmal sind es Kleinigkeiten, die in unserem Leben die Sonne aufgehen lassen. Und sei es nur die Tasse Kaffee, die man nicht mehr trinken muß. Wie eine Klientin bei diesem Thema ihre Wahlfreiheit gewinnt und eine neue Version ihrer Selbst erschafft, erfahren Sie hier.

Heilsame Schönheit: Bäume

„Ich verstehe nicht, wie man an einem Baum vorübergehen kann und nicht beglückt sein, daß man ihn sieht?“, sagte Dostojewski. So geht’s mir auch. Deshalb zeige ich Ihnen hier besonders beglückende Bäume, an denen ich vorübergegangen bin. 

Bergahorn

„Wir sind die, die wir sind!“ – Das scheinen diese drei Kastanien zu sagen. Sie strahlen eine Kraft und eine Ruhe aus, die sich wohltuend auf den vorbeiflanierenden Spaziergänger überträgt. Bäume kennen keine Zweifel. Beneidenswert.
München, Englischer Garten

K.k.K.Kommentare kluger Kinesiologen

„Viele der großen kinesiologischen Gründer sind der festen Überzeugung, daß die Kinesiologie an sich nicht die tragende Rolle in der Behandlung oder Begleitung spielt, sondern das Bewußtsein des Behandlers. Es ist entscheidend für die Wirkung seiner Arbeit.

Kinesiologie funktioniert nur ab einem bestimmten Bewußtseinsgrad und auf der Basis eines reichen Wissens. Wird sie von jemand angewandt, der zu wenig Bewußtsein hat, funktioniert sie nicht oder nur zufälligerweise, weil er nicht genug Klarheit hat, die richtigen Fragen zu stellen. Für eine gute kinesiologische Behandlung braucht man nicht nur fundiertes Wissen, sondern auch eine gewisse persönliche Reife.“
Andreas Niklas

Lesefrucht: Sind Sie perfekt im Nerven Ihres Partners?

Planen Sie gerade das perfekte Weihnachtsfest? Treiben Sie damit Ihren Partner in den Wahnsinn? Wo Sie es doch nur gut meinen! Alle sollen sich wohl fühlen. Alles soll passen, soll perfekt sein. Mehr wollen Sie doch gar nicht ...

Mit diesem Anspruch stressen Sie nicht nur sich, sondern alle Menschen in Ihrem Lebenskreis. Und Sie wundern sich, daß es deshalb Zank und Streit gibt. Der Wiener Psychiater Raphael Bonelli erklärt in seinem Buch „Perfektionismus – Wenn das Soll zum Muss wird“, warum das so ist, und er sagt Ihnen, wie Sie Ihre Imperfektionstoleranz perfektionieren können. Hören Sie ihn selbst:

„Perfektionisten sind innerlich unsicher – und dadurch unfrei und getrieben. Ihre innere Unfreiheit agieren sie oftmals nach außen aus und bedrängen damit ihre Umgebung. Sie sind Gefangene, eingekerkert in sich selbst.

Ihr Problem ist der menschliche Fehler: Denn genau der ist in ihrem Selbstanspruch nicht vorgesehen, er wird in einem starren Korsett des perfektionistischen Denkens zu einer massiven Störung des Systems und in der Folge zu einer persönlichen Bedrohung. Die normale fehlerhafte Menschlichkeit wird geleugnet und verdrängt, das fehlerlose Funktionieren wird zur Notwendigkeit.

In der Tiefe der perfektionistischen Brust findet sie ein ganzes Zahnradgetriebe: die unbewußte nicht ausformulierte Angstphantasie vor Liebesentzug bei Fehlleistung. Das ist der psychodynamische Hintergrund der Angst vor Fehlern. Das Rad des Liebesverlusts dreht wiederum im Rad der Angst vor sozialer Ausgrenzung„keiner mag mich“.

Es ist die Angst, nicht zu genügen, nicht geliebt zu werden, nicht zu gefallen, abgelehnt zu werden. Angst, keine Existenzberechtigung zu haben, wenn man nicht pausenlos Tadelloses, Bewundernswertes und Außergewöhnliches leistet. Die Angst verdichtet sich zum irrationalen inneren Dogma, das handlungswirksam wird. Das innere Dogma ist nicht verbalisierbar und damit auch nicht auflösbar. Es lautet: Liebe muß durch Leistung verdient werden.

Viele Perfektionisten erkennen irgendwann, daß sie ihren eigenen Ansprüchen an sich selbst nicht genügen, und wollen daher umso wirkungsvoller ihren Nachwuchs perfektionieren. Sie wollen sich in ihrem Kind verwirklichen, gemäß der Gleichung: Ein perfektes Kind läßt auf perfekte Eltern zurückschließen. Oder, noch verschärft: Nur wenn das Kind perfekt ist, haben die Eltern nicht versagt.

Da der Perfektionist sich aus innerer Not heraus schwer tut, sich selbst in seiner Fehlerhaftigkeit wahrzunehmen, kann er meist auch nicht verstehen, geschweige denn akzeptieren, dass sein Partner Fehler macht. Die eigene Fehlerverdrängung führt in Kombination mit der erhöhten Erwartung an den anderen zu einer unangenehmen zwischenmenschlichen Dynamik mit einem übergenauen Blick auf die Fehler des anderen.

Der Partner des Perfektionisten fühlt sich überfordert: Nie kann er es ihm recht machen! Der Perfektionist fühlt sich mißverstanden: Er meint es doch so gut! Das kann schließlich bei beiden in Verbitterung münden und die Beziehung schwer belasten.

Der Eingriff in das fremde Leben, das Einmischen in Dinge, die ihn nichts angehen, die indiskrete Frage, die den anderen in Verlegenheit bringt: Das alles fließt wie selbstverständlich aus dem Lebensgefühl des Perfektionisten.

Ein bemerkenswertes Defizit von Perfektionisten im Umgang mit anderen ist das fehlende Wahrnehmen fremder Grenzen. Daraus resultiert notwendigerweise eine Übergriffigkeit, die weder absichtlich erfolgt noch böse gemeint ist.

Der Perfektionist erlebt sich selbst – ohne das groß zu reflektieren – als fehlerlos und bemerkt sich aber gleichzeitig umgeben von fehlerhaften Menschen. Deswegen fühlt er sich verpflichtet, bei anderen einzugreifen, die Welt um sich herum helfend zu verbessern. Daß andere ihn deswegen als besserwisserisch wahrnehmen, kann er nur ganz schwer nachvollziehen.“

Newsletter-Archiv

In meinem Newsletter-Archiv Gedanken und Spitzen finden Sie die besten Beiträge vergangener Ausgaben.

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