Seitenblick - Der Newsletter von Odysseus Kinesiologie & Coaching

Die goldenen 1960er, Lehrer und Maria Montessori

Meine Themen heute für Sie: Kindheit in den Sechzigern – trauern und träumen nicht erlaubt | Beim Zahnarzt: mein Weisheitszahn und ein kinesiologischer Selbsttest | Warum nehmen Lehrer sich so wichtig? | Ein Gemälde für Sie: „Don't try this at home“ | Weise Worte von Maria Montessori … Viel Vergnügen beim Lesen. 

Eine Bitte: Wenn Sie jemand kennen, den das, was ich hier erzähle, interessiert, leiten Sie ihm diesen Newsletter weiter. Dankeschön.

Wolfgang Halder, Odysseus Kinesiologie & Coaching

Aus der guten alten Zeit

Das goldene Zeitalter des 20. Jahrhunderts waren die sechziger Jahre. Nicht, weil ich da geboren wurde – zumindest nicht nur –, sondern wegen des ungebremsten Optimismus, der das Leben durchpulste. Der gipfelte in der Mondlandung im Juli 1969.

Und in den beiden Sätzen Neil Amstrongs. Der erste ist berühmt, jeder kennt ihn: "Ein kleiner Schritt für einen Menschen – ein Riesenschritt für die Menschheit.“ Den zweiten Satz kennen nur wenige, und es ist umstritten, ob seine Geschichte wahr ist. Er lautet: „Good Luck, Mr. Gorsky!

Hintergrund: Als Junge flog Armstrong beim Baseball-Spielen der Ball in den Garten der Nachbarn namens Gorsky. Als er den Ball holte, hörte er einen Streit des Ehepaares mit, in dem Frau Grosky ihren Mann anschrie: „Du willst Oralsex? Den kannst du haben, wenn der Nachbarsjunge auf dem Mond herumspaziert!“ 

Da diese Anekdote etwas von der dunklen Seite jener Zeit zeigt, paßt sie hierher, denn von der Rückseite des goldenen 1960er-Optimismus erzählen meine Geschichten zweier Klientinnen auch. 

Frau K., geboren 1964, hatte – wie viele Kinder damals – ein Meerschweinchen. Und eine Schwester. Nun wollte es der Zufall, daß das Meerschweinchen genau am Geburtstag der Schwester starb. Als Frau K. deshalb traurig war und weinte wurde sie von den Eltern beschimpft und geschlagen, denn ihre Tränen störten das Geburtstagsfest der Schwester. Am Geburtstag der Schwester zu weinen sei ungehörig und rücksichtslos.

Seit diesen Schlägen hat Frau K. nicht mehr geweint. – Bis zu jener Sitzung bei mir, in der sie von der verbotenen Trauer vor gut fünfzig Jahren erzählte.

Frau S., auch ein Gewächs der sechziger Jahre, wuchs auf einem Bauernhof auf. Das bedeutete: arbeiten, arbeiten, arbeiten. Auch für Kinder. Wenn sie mal, wie gesunde Kinder das tun, nur dasaß und tagträumte, schlich der Vater sich von hinten an sie heran – und schlug ihr auf Hinterkopf und Nacken. Dazu brüllte er: „Was hockst du hier so faul herum!? Hast du nichts zu tun!?

Seither leidet Frau S. unter Verspannungen in Nacken und Schultern. Seither hat sie ein schlechtes Gewissen beim „Nichtstun“. Seither ist sie immer auf der Hut. Seither sitzt ihr die Angst im Nacken. Und sie tut viel, um sich von ihrem „Erbe“ zu befreien.

Good Luck, Frau K. und Frau S.!

Neulich beim Zahnarzt ...

Ich war mal wieder beim Zahnarzt. Jedes Jahr im Frühjahr gestatte ich Dr. M. einen Blick in meinem Mund. Das dauert etwa eine Minute: Er stochert auf den Füllungen herum, pustet mir Kaltluft an die Zähne und sagt dann freundlich grinsend: „Alles bestens, an ihnen kann ich nichts verdienen“.

Doch diesmal war es anders. Er sagte: „Die Füllung am Achter links unten sollten wir erneuern.“ Ich bin stolzer Eigentümer von vier Weisheitszähnen, also den Zähnen mit der Nummer Acht. Und ich war mir sicher, daß der Achter links unten pumperlgsund ist, wie man in Bayern sagt.

Also machte ich schnell einen kinesiologischen Selbsttest mit dem Zahn. Ergebnis: Alles in Ordnung. „Die Füllung ist gut, da muß nichts gemacht werden“, sagte ich Dr. M. Der guckte mich ungläubig an, sah die Entschlossenheit in meinem Blick und schlug dann vor, eine Röntgenaufnahme zur Klärung zu machen.

Da das letzte Röntgenbild schon viele Jahre her war, stimmte ich zu. Vor der Aufnahme ging ich mittels Selbsthypnose in einen geschützten Modus, damit die Röntgenstrahlen mir keinen Schaden zufügen (auch das eine kinesiologische Methode).

Kurz darauf kam Dr. M. mit den Aufnahmen ins Behandlungszimmer und sagte  „Sie haben recht. Die Füllung ist in Ordnung. Da müssen wir nichts machen.

Kinesiologie ist so wunderbar sanft, einfach, schnell und effektiv. Deshalb liebe ich sie.

Warum nehmen Lehrer sich so wichtig? 

Ich fall gleich mit der Tür ins Haus: Ich mag Lehrer nicht. Genauer gesagt: Schullehrer. Noch genauer: Regelschul-Lehrer. Also diese „Staatsdiener“ mit der Lizenz, Kinder zu quälen. Für alle Feierabend-Psychoanalytiker: Meine ältere Schwester ist Lehrerin …

Dagegen liebe ich Lebens-Lehrer. Also erfahrene Kinesiologen, Coaches, Tai-Chi- und Klavierlehrer (die hier alle mitlesen!) ... Eben alle, die aus und mit Leidenschaft tun, was sie tun, und andere an ihrer Reife und Fülle teilhaben lassen.

Kürzlich bekam ich eine Einladung zu einem Webinar zum Thema „Wie Chat-GPT die Schule verändert“. Chat-GPT ist dieses Programm, das mittels „künstlicher Intelligenz“ Texte erstellt.

Die meisten Teilnehmer des Webinars waren Lehrer. Und deren größte Sorge war es, durch Programme wie Chat-GPT überflüssig zu werden. Sie ahnten also, daß durch die neue Software etwas an Licht kommt, was jedem klar ist, der mit offenen Augen und gut durchblutetem Großhirn unser Schulsystem betrachtet. 

Besonders häufig wurde während des Webinars von den Lehrern gefragt, wie sie herausfinden könnten, ob ein Schüler seine Hausaufgaben von Chat-GPT machen lasse, damit sie ihn dafür bestrafen könnten. Das ist Lehrer-Logik. Statt zu würdigen, daß ein Schüler – intelligent und zeitsparend – einen Weg findet, die unsäglichen Hausaufgaben zu erledigen, wollen sie ihre Macht und Kontrolle über die Schüler behalten.

Brauchen Kinder Lehrer, um die Entleerung von Blase und Darm kontrollieren zu lernen? Brauchen Kinder Lehrer, um gehen zu lernen? Brauchen Kinder Lehrer, um sprechen zu lernen? Brauchen Kinder Lehrer, damit sie neugierig sind und lernen wollen? Würden diese Fähigkeiten mit den Methoden von Regelschul-Lehrern unterrichtet werden, wir hätten Millionen von Bettnässern, die weder gehen noch sprechen können – und eine entsprechend große Nachhilfe-Industrie dazu.

Als ich im Webinar-Chat fragte: „Warum nehmen Lehrer sich so wichtig?“, zeigte sich bald, wie nötig künstliche Intelligenz im Lehrerzimmer ist. Zuerst kam – im klebrigen Lehrer-Du – die Nachfrage: „Wie meinst Du das?“ Auf meine Antwort: „Lehrer glauben, sie seien nötig, damit Kinder lernen“, kam, was in Lehrerkreisen kommen mußte, die Forderung an den Chat-Moderator: „Kann man diesen Wolfgang hier ausschließen?

Also die üblichen Erziehungs-Maßnahmen der schwarzen Pädagogik, die ich aus meiner Schulzeit in den 1960er- und 1970er-Jahren kenne: in die Ecke stellen, vor die Klassenzimmer-Tür stellen, tadeln, ins Klassenbuch eintragen, vor allen anderen demütigen; am liebsten würde man auch noch schlagen ...

Ich konnte gerade noch „Typisch Lehrer: Kritik ist nicht erwünscht“ in den Chat tippen – ein paar Sekunden später bin ich rausgeflogen. Ausgeschlossen. – An der Schule der Lehrerin, die meinen Ausschluß gefordert hatte, gibt es bestimmt ein steuerfinanziertes „Inklusions“-Programm …

Mein Dank gilt allen Lehreren, die so machttrunkenausschließend und Kinder verachtend unterrichten: Da gehen den Psychotherapeuten und Kinesiologen nie die Klienten aus. Denn so eine Schulzeit muß man lange bearbeiten, um sich einigermaßen davon zu befreien.

Lesen Sie zu diesem Thema unten bitte auch meine heutige Lesefrucht zu Maria Montessori. An sie schrieb Sigmund Freud in einem Brief: „If everyone had your schools, they wouldn’t need me!“ Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen, denn es bedeutet umgekehrt: Unsere Schulen machen unsere Kinder krank. So krank, daß sie später eine Psychotherapie brauchen.

Oder, um mit dem Neurobiologen Gerald Hüther zu sprechen: „Es ist kein Naturgesetz, daß die meisten Schüler sobald sie ein, zwei Jahre in der Schule sind, ihre angeborene Lust am Lernen verlieren. Das liegt nicht an ihnen und auch nicht an ihrem Gehirn, sondern am Unterricht.

Mein Michelangelo (8): „Don't try this at home“

Hier stelle ich Ihnen weitere Werke des Malers meiner Praxis-Gemälde, Frank Krüger, vor. Heute: "Don't try this at home" (Öl auf Leinwand, 40x40 cm).

Meine Assoziationen dazu: Küß mich! – orale Phase – Kinderszenen – Liebe geht durch den Magen – lip service – La dolce vita – Das Süße im Leben genießen – Selbstfürsorge – Kindermund – Ersatzbefriedigung. Wie geht's Ihnen mit diesem Bild?

Lesefrucht: Maria die Große

Letztes Jahr hab' ich mir eine Coaching-Weiterbildung gegönnt. Zumindest dachte ich anfangs, daß „gegönnt“ das passende Verb sei. Im Verlauf des Kurses hat sich „angetan“ als zutreffender erwiesen.

Die Kurs-Leiterin empfahl uns zu Beginn unserer Lernreise das Buch „Das neue Lernen heißt verstehen“. Geschrieben natürlich von einem Hirnforscher – und hochgelobt natürlich von Richard David Precht. Bei dieser Kombination kann ja nichts schiefgehen …

Es sei denn, man lebt nicht nur tumb glotzend als Social-Media-Roboter in der Gegenwart, wo Klappentext-Schreiber alle paar Monate eine neue Sau durchs Dorf treiben und wo Twitter und Facebook das Ende des Horizonts sind, sondern hat ein bißchen Bildung und etwas historisches Bewußtsein.

Als ich im Kurs anmerkte, daß es die als neu herausposaunte Sichtweise des Lernens schon seit rund 120 Jahren gebe und sie sich Montessori-Pädagogik nenne, sah ich in den Gesichtern der Teilnehmer und der Leiterin, daß niemand je davon gehört hatte. Da blieb mir erstmal die Luft weg …

Maria Montessori, einer der größten Geister des 20. Jahrhunderts, sagt Menschen, die Neues lernen wollen, um anderen Menschen als Coach in schwierigen Lebenssituationen Beistand leisten zu können: nichts! Ich war entsetzt ob dieser Ignoranz.

Lernen nach Montessori läßt sich im Kern mit zwei Sätzen charakterisieren: „Hilf mir, es selbst zu tun“ und „Macht uns nicht, laßt uns werden“. Das ist auch die Essenz jedes guten Coachings.Und es ist das Gegenteil von Mitarbeiter-Abrichtung und -Optimierung im Auftrag der Geschäftsführung. Wer sich Coach nennt, sollte das wissen, sollte sich mit Montessori auskennen. So, wie ein Musiker Bach kennen muß, wenn er wirklich Musiker sein will.

Vieles, was Psychologen, Pädagogen und Neurobiologen in den letzten Jahrzehnten herausgefunden haben, hat Maria Montessori durch ihre Genialität schon früh erkannt – nicht an Ratten und Mäusen, sondern an Menschen. Ihr Labor war das lebendige Kind. Den „Flow“ zum Beispiel, das Glücksgefühl, das wir empfinden, wenn er uns in eine Sache vertiefen und darüber die Welt vergessen. Montessori hat das durch Hinschauen und Wahrnehmen erkannt, sie nannte es „Polarisation der Aufmerksamkeit“.

Gerald Hüther bringt es auf den Punkt: "Maria Montessori kommt dem am nächsten, was wir heute über Lernprozesse wissen“.

Ist es Zufall, daß die Gründer von Amazon, Google und Wikipedia allesamt Montessori-Schüler waren? Hören wir Maria Montessori selbst:

„Erziehung ist eine Liebestechnik.“

„Meine Methode ist keine pädagogische Methode, sondern eine Methode des Lebens und der Bildung. Bisher glaubte man, das Kindesalter umfasse nur schwache Geschöpfe, die der Hilfe bedürften. Im Wahrheit stellt die Kindheit eine große Kraft dar, die uns Erwachsenen sehr hilfreich sein kann.“

Politik interessiert mich nicht. Außerdem ist sie immer falsch.“

„Die Familie erdrückt den Jugendlichen durch Verbote und Unverständnis. Die Schule bereitet ihn nur auf die Arbeit vor. Die Jugendlichen sind der feigen Erpressung der ‚schlechten‘ Noten ausgeliefert, mit denen die Lehrer ihre Arbeit bewerten. Diese Methode ist vergleichbar mit dem Abwiegen unbeseelter Dinge mittels einer mechanischen Waage. Die Arbeit der Schüler wird wie unbelebte Materie gemessen und nicht als ein Produkt der Lebens gesehen.“

„Die Schule entläßt keine ausgeglichenen Erwachsenen, sondern geistige Zwerge.“

„Jahrtausendelang haben die Erwachsenen einen Kampf gegen das Kind geführt, in einem Akt systematischer Unterdrückung, den sie Erziehung nannten.“

„Der Erwachsene muß der Versuchung widerstehen, dem Kind zu helfen, muß ihm zugestehen, daß es sich irrt und sich so oft wie nötig selbst korrigiert. Er darf nicht versuchen, irgendeinen Lernprozeß zu beschleunigen.“

„Die Erwachsenen sind nicht der Motor des Lernens. Fortschritte lassen sich nicht beibringen. Nicht wir sind es, die das Kind formen. Das Kind bewerkstelligt alles Wichtige von selbst.“

„Entscheidend ist die aus dem Inneren des Kindes wachsende Ordnung, nicht die von außen aufgezwungene.“

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